Wieso es drei Räubergeschichten gibt...

"Ohne meine alte Liebe zum Kasperltheater hätte ich den 'Räuber Hotzenplotz' wohl kaum geschrieben hätte - und ohne den "Krabat" vermutlich auch nicht. Ich hatte mich damals, zu Anfang der Sechzigerjahre, monatelang mit dem ersten Ansatz zu "Krabat" herumgeschlagen, und das vergeblich. Aus Enttäuschung darüber bin ich regelrecht krank geworden, und da habe ich mir gedacht: Jetzt schreibst du zur Abwechslung mal was rundherum Lustiges, etwas zum bloßen Spaß - sagen wir eine Kasperlgeschichte, in der alle Personen vorkommen, die zu einem richtigen Kasperlstück gehören, einschließlich Räuber und Polizist.
Der Anfang war rasch gemacht, und da ich für meinen Räuber einen richtigen schönen Kasperltheaternamen brauchte, habe ich ihn kurzerhand mit dem Namen eines Städtchens in Mährisch-Schlesien ausgestattet, der mir von der Schule her in Erinnerung geblieben war, weil er schon damals großen Eindruck auf mich gemacht hatte.
Als ich mir die erste Geschichte vom Räuber Hotzenplotz ausdachte, habe ich natürlich nicht ahnen können, welch ungewöhnlichen Anklang der Mann mit den sieben Messern beim verehrlichen Publikum finden würde. Und ich habe auch keineswegs die Absicht gehabt, diesem Kasperlbuch ein weiteres folgen zu lassen, was ich sogar beweisen kann: Sonst hätte ich nämlich den großen und bösen Zauberer Petrosilius Zwackelmann unter keinen Umständen bereits im ersten Band das Zeitliche segnen lassen.
Sieben Jahre später, nachdem Tausende von Kindern mich mit Anfragen, Bitten und detaillierten Vorschlägen für weitere Hotzenplotzbücher bestürmt hatten, habe ich mich wohl oder übel dazu entschließen müssen, einen zweiten Hotzenplotzband zu schreiben: und da hat es mir dann um den leichtfertig aus dem Spiel gebrachten Herrn Zwackelmann ganz hübsch leidgetan.
Für ihn sind dann, sozusagen aushilfsweise, die Witwe Schlotterbeck und ihr Krokodilhund Wasti in die Geschichte "Neues vom Räuber Hotzenplotz" hereingekommen, wobei mir allerdings wiederum ein folgenschwerer Fehler unterlaufen ist. Es handelt sich ja bei Wasti bekanntermaßen um einen Langhaardackel, den die Frau Schlotterbeck bloß versehentlich in ein Krokodil verwandelt hat - und nun hatte ich verpasst, ihn am Ende des zweiten Bandes wieder zum Dackel werden zu lassen!
Die Folge davon? Eine neuerliche Flut von Briefen und Postkarten mit der immer wiederkehrenden Frage, wie es denn mit dem Wasti Schlotterbeck weitergeht. Diesmal hat es bloß noch vier Jahre gedauert, bis ich mürbe gewesen bin. Da habe ich dann "Hotzenplotz 3" geschrieben und bin peinlichst darauf bedacht gewe¬sen, am Ende des Buches nur ja keinen offengebliebenen Handlungsfaden zu übersehen. Und da ich zudem auch noch unmissverständlich im Titel des Buches erklärt habe, dass dies meine dritte und endgültig letzte Kasperlgeschichte sei, steht zu hoffen, dass sich mein Publikum damit abfinden wird."

(Otfried Preußler, 1998)

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